Sag doch einfach mal 'Ja'!

In unserem Vorbereitungsseminar in Berlin wurden wir ja von unserer Trainerin Ajo Gnädig auf den typischen Kurvenverlauf eines Auslandsaufenthaltes vorbereitet.
Die ersten sechs bis acht Wochen werden die „Honeymoon“-Wochen genannt. In dieser Zeit ist alles toll und man fühlt sich wie im Urlaub.
Stimmt. Die Zeit vergeht so schnell wie auf Reisen… alles ist toll und interessant und man macht jeden Tag neue Erfahrungen.
Danach setzt jedoch eine Phase ein, in der viele Dinge Routine werden, man einige Sachen aus der Heimat vermisst und einem zahlreiche Verhaltensweisen und Gegebenheiten im Gastland tierisch auf den Zeiger gehen, bis man sich irgendwann vielleicht damit abfindet und sich arrangiert.
So nervt es ziemlich, dass man hier im „Schnellimbiss“ Ewigkeiten warten muss, bis man überhaupt erst mal seine Bestellung aufgeben kann. Und das, obwohl Dutzende von Beschäftigten rumwuseln. Dass die Kassiererin sich fünfmal vertippt, ist dabei Ehrensache.
Das Fernsehprogramm wird circa dreimal pro Stunde von Werbeblöcken unterbrochen (was allerdings bei dem Gezeigten eher eine Erholung ist).
Mahlzeiten werden grundsätzlich nicht gesalzen, da man ja schließlich selber nachwürzen kann – vorausgesetzt es gibt Salzstreuer.
Der Kellner kann ruhig dreimal nachfragen. Dann sollte er aber schon das Richtige, oder zumindest überhaupt irgendetwas bringen.
Der Polizist, der den Verkehr an der ausgefallenen Ampel regeln soll, macht grundsätzlich alles nur noch schlimmer (Das ist wohl immer so, wenn der Staat in das freie Spiel der Kräfte eingreift).
Wenn man etwas bucht, muss man grundsätzlich damit rechnen, dass die Buchung nur teilweise, falsch oder gar nicht aufgenommen worden ist.
Bevor man einen Ladenangestellten um Auskunft fragt, kann man besser darauf warten, dass eine qualifizierte Antwort vom Himmel fällt.

Es sind so die Kleinigkeiten im Alltag, die einen in den Wahnsinn treiben können.
Wie zum Beispiel folgende, wahre Begebenheit an der Sandwich-Theke:

Verkäuferin: “White or brown bread?”
Käuferin: “White.”
Verkäuferin: “We don’t have.”

Nachdem ich nun einige Zeit hier in Südafrika verbracht habe, höre ich langsam auf, mich über die Dinge zu ärgern und zu wundern. Auch die Sinnfrage stellt sich mir nicht mehr so häufig. Ich bin dazu übergegangen, manche Sachen, die einen ordentlichen Deutschen auf die Palme bringen könnten, einfach zu bejahen.
Ich sage also einfach „Ja“ zu den Dingen:
„Ja, man kann seinen geplatzten Reifen mitten auf der vielbefahrenen Kreuzung reparieren.“
„Ja, man kann mit einem AK-47 vor dem Supermarkt stehen.“
„Ja, man kann auch im Dunkeln einkaufen, wenn Eskom wieder einmal den Strom abgedreht hat.“
„Ja, man kann auf der Autobahn spazieren gehen, Fahrrad fahren, parken und ja verdammt, man kann dort auch wenden.“

Ja, vieles ist möglich, was man vorher nicht gedacht hätte.

Also: Cool down, Bro!